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Der Strahlenschutz ist sowohl in Bundesgesetzblättern, als auch im Landesgesetzblatt zum Katastrophen-Hilfsdienst geregelt. Dazu wurden von der KHD Zentralleitung in allen Bezirken Strahlenschutz-Stützpunkte eingerichtet. Der Strahlenschutz-Stützpunkt des Bezirkes Perg wird von der FF Blindendorf geführt und besteht zusätzlich aus ca. 15 aktiven Mitgliedern der Feuerwehren Allerheiligen, St. Georgen, Pürach, Pergkirchen, Waldhausen, Haid, Schwertberg und Langenstein. Ca. 4 Mal im Jahr werden Schulungen bzw. Übungen zur Handhabung der Messgeräte durch die Spürtrupps absolviert.
Um jedoch als Stützpunkt umfassend üben zu können, ist ein realistisches Szenario notwendig, wozu diese Spezialeinheit zusätzlich nachalarmiert wird. Derartige Übungen sind nicht sehr häufig, da in der Organisation und Abwicklung sehr aufwändig. Auch können nachgeschaltete Einsatzschritte, wie zB Dekontamination nur mit weiteren Spezialkräften geübt werden. Das zuständige GSF ist bei der FF Kefermarkt stationiert und bedient das gesamte Mühlviertel.
Bisher mussten für derartige Szenarien „scharfe“ Strahlenquellen verwendet werden, um mit den Messgeräten praxisnahe üben zu können. Um den Transport und das unnötige Aussetzen des Einsatzpersonals mit radioaktiven Strahlenquellen vermeiden zu können, wurde bei dieser Übung der Einsatz des Strahlensimulators der OÖ Landesfeuerwehrschule vorgezogen. Dieser funktioniert mit Funkwellen, welche mit dem Dosisleistungsmessgerät „AD2“ von Automess und mit Hilfe von gekoppelten Empfangsgeräten in eine Dosisleistung (Sievert/Stunde) umgerechnet werden.
Übungsszenario
Aufgrund einer Sperre der Mühlkreisautobahn versucht ein Arzneimittelkurier über die L1463 Gusentalstrasse eine dringende Lieferung zu einem Krankenhaus nach Linz zu liefern. In Lungitz biegt dieser in die Strasse Richtung Schörgendorf ab, wo er in der Kurve bei der Kläranlage Lungitz anhält um den weiteren Weg abzuklären. Ein nachkommendes Fahrzeug nähert sich rasch und setzt zum Vorbeifahren an, jedoch übersieht dieses ein entgegenkommendes Fahrzeug.
18:25 Uhr - Es kommt zu einem Auffahrunfall am Arzneimitteltransporter. Das Fahrzeug, mit einer Person (Fahrer), ist mit dem Heck des Transporters verkeilt. Der Fahrer ist verletzt und eingeklemmt, jedoch ansprechbar und stabil. Der Fahrer des Transporters kann aussteigen und ist nicht verletzt, jedoch steht dieser unter Schock. Das entgegengekommene Fahrzeug ist nicht beschädigt, haltet ca. 50m später und alarmiert die Feuerwehr. Die FF Lungitz wird um 18:30 Uhr zu einem Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person alarmiert und rückt mit TLFA-2000 (mit hydr. Rettungsgerät) und KLFA aus. Ebenfalls wird die FF Blindendorf alarmiert und rückt mit KLFA und LAST aus. Die FF Ried/Rmk. wird zusätzlich alarmiert und rückt mit TLFA 2000 mit hydraulischem Rettungsgerät und Seilwinde aus. Auch das Rote Kreuz St. Georgen nimmt mit einem SEW/Rettungswagen teil. Beim Eintreffen der Einsatzkräfte um ca. 18:40 Uhr zeigt sich eine überschaubare Lage. Die Unfallstelle wird abgesichert, Brandschutz aufgebaut und das Retten der eingeklemmten Person mittels hydr. Rettungsgerätes durchgeführt. Die verletzte Person wird der Rettung übergeben.
In weiterer Folge wird am Trennen der beiden verkeilten Autos gearbeitet. Der Transporter hat mehrere Kartonpakete geladen, wobei eines einen geringfügigen Flüssigkeitsaustritt zeigt.
ca. 19:00 Uhr - Ein Feuerwehrmann kontaminiert bei den Bergearbeiten die Schutzbekleidung (Schutzstufe 1) mit dieser Flüssigkeit. Der Fahrer des Arzneimitteltransporters wird nach Transportpapieren, etc. befragt.
Freigestelltes Versandstück - Bei der Durchsicht der Transportpapiere wird klar, dass sich im Laderaum einen Karton mit einer Freistellung in begrenzten Mengen (LQ) mit UN 2910 der Transportklasse 7 befindet. Fahrzeuge dieser Transportkategorie müssen von außen nicht sichtbar gekennzeichnet sein! Konkret wurde in diesem Fall angenommen, dass es sich um eine zur Schmerztherapie verwendete Injektionslösung mit Strontium 89-Chlorid (klare-farblose Flüssigkeit) handelt. Das Radionuklid ist ein BETA-Strahler mit einer Aktivität von ca. 150 MBq, einer Halbwertszeit von 50,5 Tagen und einer Reichweite der Strahlung von ca. 5,4m in Luft und kann mit 6mm Plexiglas komplett abgeschirmt werden. Transportiert werden diese Glasampullen in einem Karton-/Blechgefäß mit einer max. Aktivität von 5µSv/h an der Verpackungsoberfläche.
Spezialkräfte anfordern - Der Einsatzleiter handelt entsprechend der GAMS-Regel und sperrt den Unfallbereich großflächig ab, sammelt die Einsatzkräfte, welche sich im Nahebereich aufgehalten haben, fordert den Strahlenschutzstützpunkt des Bezirkes Perg, den Bezirks-Feuerwehrkommandanten und den Feuerwehrtechniker-A für Chemie DI Dr. Rainer Gagstädter sowie das GSF Kefermarkt an. Die Spezialeinheiten werden per Handygruppe durch die Landeswarnzentrale OÖ alarmiert.
Vorgehen des Strahlenschutz-Stützpunktes - Der Strahlenschutzstüpunkt trifft mit dem KDOF der FF Blindendorf ein, welches mit als Wechselbeladung 4 Stk. Systainer und eine Alukiste mit den vom KHD OÖ bereitgestellten Messgeräten, Sonden, Schutzanzügen (Stufe 2), Absperr- und Markiermaterial an. Noch während der Anfahrt nimmt FT-A für Chemie DI Dr. Rainer Gagstädter per Funk Kontakt zur örtlichen Einsatzleitung auf und informiert zu den wesentlichen Eigenschaften und Vorgangsweise, insbesondere zum Mindestabstand zum betreffenden Stoff und das Sammeln der Einsatzkräfte, welche sich in der Nähe des Stoffes aufgehalten haben, ausserhalb des Gefahrenbereiches.
Generell wird nach der 3A-Regel vorgegangen – größtmöglicher Abstand, kürzest mögliche Aufenthaltszeit und maximale Abschirmung werden ausgenutzt. Bei einem unbekannten Zustand der Strahlenquelle (offen oder geschlossen) rüstet sich der Spürtrupp mit Atem- und Körperschutz aus, um das Inkorporieren von radioaktivem Staub oder Aerosolen ausschließen zu können.
Der erste Spürtrupp, hat als Auftrag die zivile Absperrgrenze und die Absperrgrenze für Einsatzkräfte, mittels dem Spürverfahren nach Verstrahlungslinien zu markieren und mittels Trassenband abzusperren. Anschließend wird die Strahlenquelle lokalisiert und die Dosisleistung des kontaminierten Bereiches festgestellt.
Der zweite Spürtrupp startet parallel mit dem Abspüren aller Personen, welche sich im Bereich des beschädigten Versandpaketes aufgehalten haben. Zusätzlich werden die Personalien, der Abstand und die Aufenthaltszeit zur Strahlenquelle dokumentiert. Daraus kann in weitere Folge die aufgenommene Dosis abgeschätzt und an den Arzt übergeben werden. Nachweislich kontaminierte Personen müssen in weiterer Folge dekontaminiert werden.
Das beschädigte Paket wird vom Bergetrupp mit einer Stielzange zur Ausnutzung des größeren Abstandes in einen vom GSF mitgebrachten Behälter dicht verschlossen. Die Behälteroberfläche zeigt nun wieder erlaubte Dosisleistungswerte, welche den weiteren Transport zur fachgerechten Entsorgung durch die zuständige Behörde erlaubt. Die Vorgangsweise wird im Ernstfall mit der Bezirkshauptmannschaft der Abteilung für Umwelt- & Wasserrecht, sowie der Strahlenschutzbehörde der OÖ Landesregierung Abteilung für Umweltschutz abgestimmt.Um sicher zu sein, dass sich keine weiteren beschädigten Transportstücke im Unfallfahrzeug befinden, wird die gesamte Ladung des Fahrzeuges durch den Bergetrupp auf einer Plane aufgelegt und in „beschädigt“ und „unbeschädigt“ sortiert.
Dekontaminationsstrasse - In Abstimmung mit der Einsatzleitung und dem FT-A wird auf Basis des Produktsicherheitsdatenblattes entschieden, die Dekostraße in etwas abgeschwächter Form aufzubauen. In diesem Fall kann von einer Dekontamination mittels Bürsten und Reinigungsmittel in der Dekowanne abgesehen werden, da radioaktive Partikel bzw. Flüssigkeiten leicht abwaschbar sind. Somit wird die Dekontamination mittels der aufblasbaren Dekodusche und Heißwasser aus dem Heißwassergerät durchgeführt. Nach der Dekontamination werden alle Schutzstufenträger nochmals mittels Flächensonde abgespürt, bevor der Schutzanzug abgelegt wird. Sollte eine Kontamination von mehr als 5 µSv/h nachgewiesen werden, so wird die Person ein weiteres Mal dekontaminiert und wieder kontrolliert. Grundsätzlich führt das GSF nur Gerätedeko und die Dekontamination von Schutzstufenträgern (Einsatzkräften) durch. Personendekontamination ist nicht die Aufgabe des GSF. Falls jedoch die medizinische Notwendigkeit besteht verletzte Personen zu dekontaminieren, kann wir dies unter Anleitung des Einsatzleiters des Roten Kreuzes, bzw. einem Arzt durchgeführt werden. Bei dieser Übung wird somit der mit der radioaktiven Flüssigkeit kontaminierte Kamerad dekontaminiert. Der Kamerad wird entkleidet, in Begleitung eines Trupps mit Schutzanzügen der Dekodusche zugeführt und anschließend wieder dem Roten Kreuz übergeben.
Resümee - Ein Standardszenario im Bereich der technischen Hilfeleistung entwickelt sich zu einem gefährliche Stoffe Einsatz mit der eher selten beübten ADR-Klasse „7“. Das in der Einsatzleitung, zwischen örtlicher Feuerwehr, Strahlenschutzstützpunkt, Gefährliche Stoffe Stützpunkt, Feuerwehrtechniker, Rotes Kreuz und Behörde abgestimmte Vorgehen ermöglicht ein effektives und sicheres Arbeiten der Spezialkräfte. Daher ist auch das optimale Positionieren der Einsatzleitstelle essentiell. Zusätzlich wurde die Notwendigkeit der permanenten Betreuung der kontaminierten Person erkannt, da das Isolieren und die Tatsache, dass die Person mit einem unsichtbaren, geruchslosen und nicht spürbaren, jedoch gesundheitsgefährdendem Stoff kontaminiert ist, durchaus auch eine hohe psychische Belastung bedeutet.
Fotos © Öffentlichkeitsbeauftragter AFK Mauthausen OAW Florian Pötscher